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Zoll hebt Zigarettenversteck aus

Zoll erfolgreich im Einsatz

Anfang April. Endlich Sommer, wenigstens heute. Kanu raus! Höchste Zeit fürs Anpaddeln. Die Zeit reicht nicht für eine größere Runde, aber mal die Cityhavel runter & rauf, von unten nach dem aktuellem Stand der Bauarbeiten sehen. Und wieder mal hat ein o-a-Reporter einen Glückstag:

Am Ufer oberhalb des Schlosses gehen zwei Männer mit Hund spazieren. Nicht der Rede wert, SpaziergängerInnen mit Hunden gibts hier mindestens bis zum Abwinken. Aber das geschulte Reporterauge registriert natürlich auch die Besonderheit und meldet sie ans Gehirn. Zunächst: beide Männer tragen Shirts in gleichem Grün. Sieht schon mal irgendwie nicht nach arbeitslosen Saufkumpanen aus, wie sie hier ja auch manchmal zu finden sind. (Eben noch stand hier: "nicht zu knapp". Aber so viele sind es nun auch wieder nicht, und wenn man sich ab und zu zur Ordnung ruft, kann man miesepetrige = unsinnige Übertreibungen revidieren.)

Und beim Näherpaddeln fällt die eigentliche Sensation auf: Der Hund läuft an der Leine! Das soll zwar wohl in Deutschland Pflicht sein, aber da es niemand ernsthaft kontrolliert, hält sich auch niemand - nee, das wäre schon wieder arg übertrieben, viele HundehalterInnen haben auch ohne Kontrolle Anstand, also: halten sich auch viele nicht daran. Dass hier Biber, Nutrias, Waschbären, Füchse, Rehe, Wildschweine usw. zu sehen sind, aber keine Hasen, Kaninchen, Eidechsen, Frösche, hat vermutlich etwas mit unerzogenen Hunden zu tun. Wofür die Tiere selbst natürlich nichts können.

Aber ich bin jetzt gleichauf mit den zwei Männern, und als sich einer kurz dreht, kann ich auf dem Rücken groß und deutlich "Zoll" erkennen. Alles klar. Oder auch nicht. Was sucht der Zoll an der Oranienburger Havel? Frage ich mich und gleich darauf die zwei. "Na, was sucht der Zoll wohl?!" schallt es freundlich herüber. "Zigaretten" mutmaße ich, und werde bestätigt. Schön, dass diese zwei Berliner Beamten nicht so finster und verschlossen sind, wie viele Andere (meint nicht nur Beamte) hier in der Region.




 

Zigarettenversteck

Ich halte mich auf ihrer Höhe und beobachte, wie die Hündin (es ist eine reife Lady, lernte ich eben) hin und her läuft, plötzlich anschlägt, auf ein Kommando pariert. Der Hundeführer eilt hinzu und schaufelt mit den Händen ein dickes Päckchen im Plastikbeutel frei. Ich bin beeindruckt. Hätte nie gedacht, dass hier, soweit außerhalb der City, Verstecke sind. (Sonst jogge ich manchmal an Stellen vorbei, wo ich unter etwas Laub die schwarzen Tüten weiß. Halte mich raus - der Staat ist lahm (von solch tüchtigen Ausnahmen hier mal abgesehen) die Mafia nicht. In Marzahn wurden schräg gegenüber meiner Bude jahrelang Konkurrenzkämpfe um die illegalen Millionen mit Kalaschnikows & Macheten ausgetragen (während Naive sagen: lass doch die kleinen Fische in Ruhe), das muss ich nicht noch näher an mir dran haben. Mach' mir schon genug ins Hemd, wenn ich hier schreibe.) Kurz danach findet die Vierbeinerin noch ein Versteck. Leer, aber sie hat trotzdem gerochen, dass hier mal Kippen lagerten.

Ich habe, erzähle ich auch dem Hundeführer, schon manchmal extrem geruchsempfindliche Frauen scherzhaft gefragt, ob sie nicht als Drogenhund beim Zoll anfangen wollen. Nun sehe und höre ich: Keine Chance. Unter all den Düften nach Frühling, Modder, verpesteter Havel (gleich nahebei ein Chemietank & ein stinkender milchtrüber toter Fluss-Arm), fauligem Laub usw. eine abgedeckte Grube zu finden, wo irgendwann mal Zigaretten lagerten, in Plastik - das kann nur ein Hund. Eine Belgische Schäferhündin war es übrigens, wenn ich das korrekt gespeichert habe.

Zu genau möchte ich das alles nicht beschreiben, sonst warne ich vielleicht die Schmuggler zu sehr. Obwohl, fällt mir beim Schreiben grad ein, hier wahrscheinlich ein Ritual läuft: Die Zigarettenmafia schreibt die Funde ab (Portokasse?) und da der Zoll nicht überall sein kann (30 Mann und ein Hund kontrollieren ganz Berlin und die Region bis Wittstock, wenn ich das recht verstanden habe), nutzen sie dann die Verstecke weiter, bis sie wieder mal was abschreiben müssen.

Immerhin haben die Zöllner heute wohl schon 10.000 Zigaretten gefunden. Herzlichen Glückwunsch!

Ob es denn wenigstens für solche Funde eine kleine Prämie oder Anerkennung gäbe, frage ich die beiden. "Ach, was. Das ist unser Job!" Whow. Das sind nicht unbedingt die Worte, die dem Beamten-Klischee entsprechen. Ich hake, etwas drucksend, nach: Sie sind doch sicher Beamte, Sie müssten das hier doch nicht tun? Noch dazu, wurde mir da eben bewußt, Freitag 16 Uhr?

Der Mann bleibt bescheiden und erklärt dann noch: "Wie sind 24 Stunden im Einsatz, sieben Tage die Woche."

Und die Hündin? Leckerli für jeden Fund? Auch nicht! Sie darf an ihr Spieltuch, wo früher Zigaretten eingewickelt waren, als Training. Keine Futterprämie pro Fund. Auch sie macht einfach nur ihren Job. Und wer die Fotos genau anschaut - auch darin stimmt sie offenbar mit ihrem Herrchen überein. Natürlich brauchen beide gutes Futter / Gehalt. Da wird notfalls die Partnerin schon drauf achten, vermute ich stark. Aber die Freude am Erfolg ist darüber hinaus eine echte Prämie für beide. Toll, ohne Ironie.

Das tut mal gut! Wenn man als Steuer- und Zwangsabgabenzahler jahrein, jahraus, so geschröpft und geknechtet und wie zum Hohn noch mit tausend sinnlosen Paragraphen gepiesackt wird, dass man in teils vielleicht ein wenig übertriebener Wut den ganzen Staatsapparat manchmal übern Jordan prügeln möchte, ist es tröstlich, zu sehen, dass auch so manche Beamte mit Einsatz ihren Job erledigen.

Danke, Jungs.

Und schöne Grüße an das Fräulein Tochter. Dein Papa ist ein Held. Nicht wie Supermann, aber einer des Alltags. Und die sind viel wichtiger.




 

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